
Die Energiewende ist kein simples Austauschprojekt, sondern der systemische Umbau unserer gesamten Energie-Infrastruktur.
- Der Erfolg hängt von der intelligenten Orchestrierung von Erzeugung (Sonne, Wind) und flexiblen, intelligenten Netzen ab.
- Dezentrale Modelle wie Bürgerenergiegenossenschaften und eine radikale Steigerung der Energieeffizienz sind ebenso entscheidend wie große Technologieprojekte.
Empfehlung: Der Fokus muss von der reinen Erzeugungskapazität auf die systemische Integration, Speicherung und das Management der Volatilität verlagert werden, um eine resiliente Versorgung zu gewährleisten.
Die Notwendigkeit eines fundamentalen Wandels unseres Energiesystems ist unbestreitbar. Angesichts der Klimakrise ist der Abschied von fossilen Brennstoffen nicht länger eine Option, sondern eine globale Dringlichkeit. Deutschland hat sich mit der Energiewende an die Spitze dieser Bewegung gesetzt – ein ebenso ambitioniertes wie komplexes Unterfangen. Viele Debatten kreisen dabei um die offensichtlichsten Symbole dieser Transformation: das sich drehende Windrad am Horizont oder die glitzernde Photovoltaikanlage auf dem Dach. Man diskutiert, ob man mehr Wind- oder mehr Solarenergie ausbauen sollte, als wäre es ein einfaches Additionsspiel.
Doch dieser Blick greift zu kurz. Er übersieht die tiefgreifende Wahrheit der Energiewende: Wir ersetzen nicht nur alte Kraftwerke durch neue. Wir bauen das gesamte sozio-technische System, das unsere moderne Gesellschaft antreibt, von Grund auf um. Die eigentliche Herausforderung liegt nicht in der Erzeugung von Ökostrom – hier sind die Technologien ausgereift und kostengünstig. Die wahre Komplexität liegt in der Bewältigung der systemischen Konsequenzen: Wie gehen wir mit der natürlichen Schwankung, der Volatilität, von Sonne und Wind um? Wie bringen wir den im Norden erzeugten Windstrom zu den Industriezentren im Süden? Und wie orchestrieren wir Millionen dezentraler Erzeuger – von der großen Windfarm bis zum kleinen Balkonkraftwerk – zu einem stabilen, resilienten Gesamtsystem?
Die Antwort liegt in einem Paradigmenwechsel. Statt nur in Kilowattstunden zu denken, müssen wir in Systemstabilität, Flexibilität und Sektorenkopplung denken. Es geht nicht um „entweder/oder“, sondern um ein intelligentes „sowohl/als auch“. Dieser Artikel verlässt daher die Oberfläche und taucht tief in die Maschinenräume der Energiewende ein. Wir analysieren die zentralen und dezentralen Modelle der Zukunft, beleuchten die Rolle intelligenter Netze als Nervensystem der Transformation und zeigen auf, warum Effizienz und neue Arbeitsmärkte die eigentlichen, oft übersehenen, Game-Changer sind.
Für alle, die einen schnellen visuellen Einstieg in die Grundlagen der Energiewende bevorzugen, fasst das folgende Video die wichtigsten Konzepte und europäischen Zusammenhänge anschaulich zusammen.
Um die vielschichtigen Aspekte dieser Transformation strukturiert zu beleuchten, führt dieser Leitfaden Sie durch die acht entscheidenden Bausteine der deutschen Energiewende. Jeder Abschnitt baut auf dem vorherigen auf und zeichnet so ein umfassendes Bild der Herausforderungen und Chancen.
Inhaltsverzeichnis: Der System-Check der deutschen Energiewende
- Zentral oder dezentral: Die zwei großen Modelle für die Energiezukunft
- Das intelligente Stromnetz: Wie wir die schwankende Energie von Sonne und Wind bändigen können
- Sonne gegen Wind: Der Wettlauf der Giganten um die Energie der Zukunft
- Die beste Energie ist die, die wir nicht brauchen: Warum Energieeffizienz der Schlüssel zum Erfolg ist
- Jobkiller Energiewende? Im Gegenteil: Warum die grüne Transformation ein riesiger Jobmotor ist
- Sonne, Wind oder Wasser: Welche erneuerbare Energiequelle hat das größte Potenzial?
- Photovoltaik oder Solarthermie: Welche Solartechnik für Ihr Dach die richtige ist
- Die Werkzeuge für die Wende: Ein klarer Überblick über die wichtigsten grünen Technologien
Zentral oder dezentral: Die zwei großen Modelle für die Energiezukunft
Die Architektur unseres zukünftigen Energiesystems ist eine der fundamentalsten Fragen der Energiewende. Historisch basierte die Stromversorgung auf einem zentralen Modell: Wenige große Kraftwerke (Kohle, Gas, Atom) produzieren Energie, die über weite Strecken an passive Verbraucher verteilt wird. Die erneuerbaren Energien stellen dieses Paradigma auf den Kopf. Sie ermöglichen eine dezentrale Erzeugungsstruktur, in der Millionen von Photovoltaikanlagen, Windrädern und Blockheizkraftwerken Energie direkt vor Ort produzieren und verbrauchen. Dieser Ansatz stärkt die regionale Wertschöpfung, erhöht die Systemresilienz und fördert die Akzeptanz durch direkte Bürgerbeteiligung.
Besonders in Deutschland ist das Modell der Bürgerenergie ein riesiger Erfolg. Wie aktuelle Zahlen des DGRV zeigen, wurden allein 2024 wieder 64 neue Energiegenossenschaften gegründet, was die Gesamtzahl auf über 1.000 anhebt. Diese Gemeinschaften investieren lokal in Solarparks oder Windräder und werden so von reinen Konsumenten zu aktiven „Prosumern“.

Ein wegweisendes Projekt in diesem Bereich ist die Energiegemeinschaft Haunoldstein in Österreich, die als Vorbild für ähnliche Initiativen in Deutschland dient. Dort haben sich 106 Haushalte mit PV-Anlagen, einem Kleinwasserkraftwerk und einem Windrad zusammengeschlossen. Das beeindruckende Ergebnis: Die Gemeinschaft erzeugt 92 % ihres Strombedarfs selbst. Solche Modelle zeigen, dass eine dezentrale Zukunft keine Utopie ist, sondern eine realisierbare Strategie, die jedoch eine kluge Orchestrierung zwischen den einzelnen Akteuren erfordert. Die Zukunft liegt wahrscheinlich in einem hybriden System, das die Stabilität zentraler Großanlagen mit der Flexibilität und Partizipation dezentraler Strukturen kombiniert.
Das intelligente Stromnetz: Wie wir die schwankende Energie von Sonne und Wind bändigen können
Die größte technische Herausforderung der Energiewende ist die Volatilität der erneuerbaren Energien: Die Sonne scheint nicht nachts, und der Wind weht nicht immer. Unser traditionelles Stromnetz ist für diese Schwankungen nicht ausgelegt; es erwartet eine konstante, planbare Einspeisung. Die Lösung ist der Umbau zu einem intelligenten Stromnetz oder „Smart Grid“. Ein Smart Grid ist kein passives Verteilnetz mehr, sondern ein aktives, digitalisiertes Kommunikationsnetzwerk, das Erzeugung, Speicherung und Verbrauch in Echtzeit aufeinander abstimmt. Es ist das zentrale Nervensystem der Energiewende.
Ein Schlüsselelement dafür sind intelligente Zähler, sogenannte Smart Meter. Sie ermöglichen eine präzise Erfassung des Verbrauchs und eine flexible Steuerung von Geräten, um Strom dann zu nutzen, wenn er reichlich vorhanden und günstig ist. Der Ausbau in Deutschland kommt jedoch nur langsam voran: Laut Bundesnetzagentur waren Ende 2024 erst 1,16 Millionen Smart Meter installiert, was lediglich 2,23 % aller Zähler entspricht. Diese Lücke zwischen Notwendigkeit und Realität ist eine der größten Bremsen der systemischen Transformation. Trotzdem zeigen Leuchtturmprojekte wie die SINTEG-Initiative der Bundesregierung, was technisch möglich ist.
Die folgende Tabelle gibt einen Überblick über die Schwerpunkte der fünf großen deutschen Modellregionen, in denen die Zukunft des intelligenten Netzes bereits heute erprobt wird.
| Projektregion | Schwerpunkt | Besonderheit |
|---|---|---|
| Norddeutschland | Windenergie-Integration | Bis zu 100% EE-Einspeisung |
| Süddeutschland | Solarenergie & Speicher | Prosumer-Modelle |
| Ostdeutschland | Sektorenkopplung | Power-to-Gas Anlagen |
| Westdeutschland | Industrielle Flexibilität | Lastmanagement |
| Mitteldeutschland | Digitale Plattformen | Blockchain-Handel |
Die Erfahrungen aus diesen Projekten sind entscheidend. Wie Carmen Schantl, Teamleiterin bei der Netze BW, zum erfolgreichen Pilotprojekt flexQgrid zusammenfasst: „Das Projekt hat gezeigt, dass intelligente Netze nicht nur technisch funktionieren können, sondern auch von den Menschen akzeptiert werden – vorausgesetzt, der Nutzen ist für sie klar erkennbar.“ Die Technologie ist also nur eine Seite der Medaille; die andere ist die Schaffung klarer Vorteile für die Verbraucher.
Sonne gegen Wind: Der Wettlauf der Giganten um die Energie der Zukunft
In der öffentlichen Wahrnehmung wird die Energiewende oft als Wettstreit zwischen Photovoltaik und Windkraft dargestellt. Beide Technologien sind die tragenden Säulen der deutschen Stromerzeugung und ergänzen sich in einem idealen Szenario: Windkraft liefert oft im Winter und nachts mehr Energie, während die Photovoltaik im Sommer und tagsüber ihre Spitzen erreicht. Diese komplementäre Eigenschaft ist ein Kernbaustein für ein resilientes Energiesystem. Aktuelle Zahlen zeigen jedoch, dass sich die Dynamik zugunsten der Solarenergie verschiebt.
Wie aktuelle Daten zeigen, wurden 2024 über 50 % des deutschen Bruttostromverbrauchs durch erneuerbare Energien gedeckt. Ein signifikanter Treiber dieses Erfolgs war die Photovoltaik, die allein für einen Zuwachs von 10 Terawattstunden verantwortlich war. Der Ausbau der Windenergie an Land stockt hingegen seit Jahren aufgrund langer Genehmigungsverfahren und lokaler Widerstände. Dieser Trend ist zwar positiv für die dezentrale Erzeugung, verschärft aber eine andere systemische Herausforderung: die geografische Verteilung.
Die windstarken Regionen liegen vor allem im Norden Deutschlands, während die großen Industriezentren mit hohem Energiebedarf im Süden und Westen angesiedelt sind. Diese räumliche Trennung zwischen Erzeugung und Verbrauch erfordert einen massiven Ausbau der Stromnetze. Projekte wie die „Stromautobahnen“ SuedLink und SuedOstLink sind dafür emblematisch. Diese gigantischen Gleichstromtrassen sollen Windenergie aus dem Norden über Hunderte von Kilometern verlustarm in den Süden transportieren. Sie sind ein Paradebeispiel für die Notwendigkeit, die Energiewende nicht nur lokal, sondern auch im großen, nationalen Maßstab zu denken und zu orchestrieren. Der „Wettlauf“ findet also nicht nur zwischen Technologien statt, sondern auch gegen die Zeit beim Netzausbau.
Die beste Energie ist die, die wir nicht brauchen: Warum Energieeffizienz der Schlüssel zum Erfolg ist
In der Debatte über die Energiewende dominiert die Frage der Erzeugung. Dabei wird der mächtigste und kostengünstigste Hebel oft übersehen: die Energieeffizienz. Jede Kilowattstunde Strom, die wir nicht verbrauchen, muss weder erzeugt, noch gespeichert oder transportiert werden. Eine konsequente Effizienzstrategie reduziert den Druck auf den Ausbau von Erneuerbaren und Netzen und ist somit der verborgene Champion der Transformation. Das Potenzial ist in allen Sektoren enorm, insbesondere im Gebäudebestand, der in Deutschland für rund 35 % des Endenergieverbrauchs verantwortlich ist.
Die energetische Sanierung von Altbauten durch bessere Dämmung, neue Fenster und moderne Heizsysteme ist eine der wirksamsten Maßnahmen. Der Unterschied zwischen einem sanierten und einem unsanierten Gebäude ist drastisch, wie Wärmebildaufnahmen eindrucksvoll zeigen. Während unsanierte Fassaden im Winter regelrecht „glühen“ und wertvolle Wärme an die Umgebung abgeben, bleiben energieeffiziente Gebäude kühl und halten die Wärme im Inneren.

Doch Effizienz betrifft nicht nur Gebäude. In der Industrie ermöglichen intelligente Managementsysteme die Reduzierung des Energieverbrauchs von Produktionsanlagen, im Verkehr sorgt der Umstieg auf effizientere Antriebsformen für Einsparungen, und im Haushalt tragen moderne Geräte und bewusstes Verhalten bei. Um das eigene Effizienzpotenzial zu heben, ist eine systematische Analyse der erste Schritt.
Aktionsplan zur Auditierung Ihres Energie-Fußabdrucks
- Energieverbraucher identifizieren: Listen Sie alle Geräte, Prozesse und Gewohnheiten in Ihrem Haushalt oder Betrieb auf, die Energie benötigen (Heizung, Beleuchtung, Maschinen, Mobilität).
- Verbrauchsdaten sammeln: Inventarisieren Sie Ihre Energieabrechnungen (Strom, Gas, Öl) der letzten drei Jahre, um Trends und Spitzenlasten zu erkennen.
- Mit Effizienzzielen abgleichen: Vergleichen Sie Ihren Ist-Verbrauch mit Benchmarks, z.B. den Standards für ein KfW-Effizienzhaus oder branchenspezifischen Kennzahlen (ISO 50001).
- „Energiefresser“ vs. „Effizienz-Champions“ aufspüren: Identifizieren Sie die größten Verbraucher (z.B. alte Heizungspumpe, uneffiziente Beleuchtung) und Bereiche, in denen Sie bereits gut aufgestellt sind.
- Maßnahmenplan erstellen: Leiten Sie eine priorisierte Liste von konkreten Schritten ab, von Verhaltensänderungen über den Austausch von Geräten bis hin zu größeren Sanierungsmaßnahmen.
Jobkiller Energiewende? Im Gegenteil: Warum die grüne Transformation ein riesiger Jobmotor ist
Eine der hartnäckigsten Sorgen im Zusammenhang mit der Energiewende ist der potenzielle Verlust von Arbeitsplätzen, insbesondere in traditionellen Sektoren wie der Kohleindustrie. Diese Sorge ist berechtigt und der Strukturwandel muss sozial abgefedert werden. Der Blick auf die Gesamtwirtschaft zeigt jedoch ein anderes Bild: Die grüne Transformation ist einer der größten Jobmotoren des 21. Jahrhunderts. Die Herstellung, Installation und Wartung von Erneuerbare-Energien-Anlagen, die energetische Sanierung von Gebäuden und die Entwicklung neuer Speichertechnologien schaffen Hunderttausende zukunftssichere Arbeitsplätze.
Allein in Deutschland existieren nach Angaben der Agentur für Erneuerbare Energien bereits über 340.000 Arbeitsplätze im Sektor der erneuerbaren Energien. Der Bedarf an Fachkräften, insbesondere für die Installation von Wärmepumpen und den Aufbau einer Wasserstoffwirtschaft, wächst stetig und übersteigt oft das Angebot. Es entstehen völlig neue Berufsbilder, vom Smart-Grid-Spezialisten bis zum Agri-PV-Berater.
Ein eindrucksvolles Beispiel für diesen gelungenen Wandel ist die Lausitz. Einst das Herz der deutschen Braunkohleindustrie, wandelt sich die Region mit massiver staatlicher Unterstützung zur Energieregion der Zukunft. Statt in Tagebauen wird nun in Forschungszentren für Batterietechnologie, Anlagen zur Wasserstoffproduktion und nachhaltiger Chemie gearbeitet. Mit Förderprogrammen im Umfang von 17 Milliarden Euro sollen bis 2038 über 20.000 neue und nachhaltige Arbeitsplätze geschaffen werden. Dieser Strukturwandel zeigt, dass der Abschied von fossilen Energien nicht das Ende, sondern der Anfang einer neuen industriellen Ära sein kann, wenn er politisch klug gestaltet und finanziell unterstützt wird.
Sonne, Wind oder Wasser: Welche erneuerbare Energiequelle hat das größte Potenzial?
Die Familie der erneuerbaren Energien ist vielfältig und umfasst neben den dominanten Kräften Sonne und Wind auch Wasserkraft, Biomasse und Geothermie. Jede dieser Quellen hat spezifische Vor- und Nachteile und spielt eine unterschiedliche Rolle im Energiemix. Wasserkraft ist beispielsweise grundlastfähig und speicherbar, ihr Ausbaupotenzial in Deutschland ist jedoch weitgehend erschöpft. Biomasse ist ebenfalls flexibel einsetzbar, steht aber in Konkurrenz zur Nahrungsmittelproduktion. Geothermie bietet eine konstante Wärmequelle, ist aber geografisch begrenzt und in der Erschließung aufwendig.
Global und auch in Deutschland kristallisiert sich heraus, dass die Photovoltaik das mit Abstand größte und am schnellsten skalierbare Potenzial besitzt. Die Kosten für Solarmodule sind in den letzten Jahrzehnten dramatisch gefallen, während ihre Effizienz stetig steigt. Die Technologie ist modular, flexibel einsetzbar – vom Kraftwerk im Gigawatt-Maßstab bis zum kleinen Modul am Balkon – und genießt eine hohe gesellschaftliche Akzeptanz. Der weltweite Boom unterstreicht diese Entwicklung: Nach aktuellen Branchenzahlen wurden 2024 weltweit über 600 Gigawatt neue Solarleistung installiert – ein neuer Rekord.
Für Deutschland ist das Potenzial ebenfalls gewaltig. Der renommierte Energieexperte Prof. Volker Quaschning von der HTW Berlin hat die Dimensionen klar benannt:
Um das Pariser Klimaschutzabkommen einzuhalten, ist in Deutschland Solarenergie mit einer Leistung von etwa 590 Gigawatt erforderlich.
– Prof. Volker Quaschning, HTW Berlin, Experte für Regenerative Energiesysteme
Diese Zahl verdeutlicht die immense Aufgabe, aber auch die zentrale Rolle, die die Solarenergie im zukünftigen System spielen wird. Sie ist nicht nur eine von vielen Optionen, sondern die entscheidende Arbeitspferd-Technologie, um die benötigten Energiemengen klimaneutral zu erzeugen. Die Herausforderung besteht nun darin, diesen Ausbau mit dem Netzausbau und der Entwicklung von Speicherlösungen zu synchronisieren.
Photovoltaik oder Solarthermie: Welche Solartechnik für Ihr Dach die richtige ist
Wenn die Entscheidung für Solarenergie auf dem eigenen Dach gefallen ist, stellt sich die nächste Frage: Soll Strom oder Wärme erzeugt werden? Hier konkurrieren zwei Technologien: die Photovoltaik (PV), die Sonnenlicht in elektrischen Strom umwandelt, und die Solarthermie, die die Sonnenenergie nutzt, um Wasser für Heizung und Warmwasserbereitung zu erwärmen. Beide Technologien sind ausgereift, bedienen aber unterschiedliche Bedarfe. Die Wahl hängt primär vom individuellen Energieverbrauchsprofil und den Zielen des Hausbesitzers ab.
In den letzten Jahren hat sich der Trend klar in Richtung Photovoltaik verschoben. Gründe dafür sind die massiv gesunkenen Modulpreise, die Möglichkeit, den erzeugten Strom für den Eigenverbrauch zu nutzen und damit die Stromrechnung zu senken, sowie die Option, ein Elektroauto zu laden. Solarthermie hat ihre Stärke vor allem in der direkten Unterstützung der Heizung, doch die Kombination einer PV-Anlage mit einer Wärmepumpe bietet oft eine höhere Flexibilität und Wirtschaftlichkeit. Eine wachsende Nische sind zudem Hybridmodule (PVT), die gleichzeitig Strom und Wärme erzeugen.

Ein besonders stark wachsender Trend, der die dezentrale Energiewende weiter beschleunigt, sind Balkonkraftwerke. Diese Mini-PV-Anlagen können einfach an eine Steckdose angeschlossen werden und decken einen Teil der Grundlast im Haushalt. Ihre Popularität ist explodiert: Wie die Bundesnetzagentur meldet, sind 2024 bereits über 500.000 Balkonkraftwerke in Deutschland installiert – eine Verdopplung gegenüber dem Vorjahr. Für Hausbesitzer, die eine größere Lösung anstreben, ist eine sorgfältige Planung entscheidend:
- Energiebedarf analysieren: Prüfen Sie Ihren Strom- und Wärmeverbrauch der letzten drei Jahre, um die Anlagengröße richtig zu dimensionieren.
- Dacheignung bewerten: Checken Sie die Ausrichtung (ideal: Süden), Neigung und potenzielle Verschattung durch Bäume oder Nachbargebäude.
- Wirtschaftlichkeit berechnen: Kalkulieren Sie die Rentabilität basierend auf der aktuellen EEG-Vergütung für eingespeisten Strom und dem Vorteil des Eigenverbrauchs.
– Förderungen prüfen: Nutzen Sie staatliche Anreize wie die KfW-Förderprogramme und den Wegfall der Mehrwertsteuer auf PV-Anlagen seit 2023.
Das Wichtigste in Kürze
- Die Energiezukunft ist hybrid: Sie wird aus einem Mix zentraler Großanlagen und einer Vielzahl dezentraler Bürgerenergieprojekte bestehen.
- Intelligente Stromnetze (Smart Grids) sind das unverzichtbare Nervensystem, um die Volatilität von Sonne und Wind auszugleichen und die Versorgungssicherheit zu gewährleisten.
- Energieeffizienz ist der unterschätzte Gigant: Jede nicht verbrauchte Kilowattstunde entlastet das System und ist die kostengünstigste Ressource der Energiewende.
Die Werkzeuge für die Wende: Ein klarer Überblick über die wichtigsten grünen Technologien
Die Energiewende ist ein gewaltiges Technologieprojekt, das auf einem ganzen Werkzeugkasten an Innovationen beruht. Während Photovoltaik und Windkraft die Hauptakteure der Stromerzeugung sind, sind andere Technologien für die Systemintegration und Sektorenkopplung mindestens genauso wichtig. Ihr Reifegrad und ihre Marktverfügbarkeit sind jedoch sehr unterschiedlich. Ein klarer Blick auf den Status dieser Schlüsseltechnologien ist entscheidend, um die nächsten Phasen der Transformation realistisch zu planen.
Der folgende Überblick fasst den aktuellen Stand der wichtigsten Technologien für die deutsche Energiewende zusammen und zeigt, wo wir heute stehen und wohin die Reise geht.
| Technologie | Reifegrad | Marktanteil | Zukunftspotenzial |
|---|---|---|---|
| Photovoltaik | Etabliert & Marktreif | 15,5 GW Zubau 2024 | 590 GW bis 2045 nötig |
| Windenergie | Etabliert & Marktreif | 2,3 GW Zubau 2024 | Ausbau stockt |
| Wärmepumpen | Im Rollout | 500.000 Installationen/Jahr | Sehr hoch |
| Grüner Wasserstoff | In Entwicklung | Pilotprojekte | Schlüsseltechnologie |
| Batteriespeicher | Im Rollout | Stark wachsend | Essentiell für Netzstabilität |
Diese Übersicht verdeutlicht, dass wir uns in einer dynamischen Phase befinden. Während einige Technologien bereits etabliert sind, stehen andere wie grüner Wasserstoff noch am Anfang ihrer Skalierung. Sie gelten jedoch als unverzichtbar, um die Industrie zu dekarbonisieren und saisonale Energiespeicherung zu ermöglichen. Batteriespeicher wiederum sind essenziell, um kurzfristige Schwankungen im Netz auszugleichen und die Netzstabilität zu sichern. Der Erfolg der Energiewende wird davon abhängen, wie schnell und intelligent wir diesen gesamten Werkzeugkasten zum Einsatz bringen. Wie Prof. Volker Quaschning treffend bemerkt: „Die Wissenschaft und die Industrie haben für uns die Lösungen entwickelt. Handeln müssen wir alle gemeinsam.“
Die Transformation unseres Energiesystems ist keine ferne Zukunftsvision mehr, sondern eine gegenwärtige Realität voller technologischer, wirtschaftlicher und gesellschaftlicher Herausforderungen. Um diesen Wandel aktiv mitzugestalten, ist ein fundiertes Verständnis der Zusammenhänge unerlässlich. Beginnen Sie damit, Ihre eigene Rolle in diesem System zu bewerten und die Möglichkeiten für mehr Effizienz und den Einsatz erneuerbarer Energien in Ihrem direkten Umfeld zu prüfen.